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artists in residence

"artist in residence" nennt sich die projektschiene im ARTHOTEL BLAUE GANS in salzburg. unterschiedliche künstler leben für eine woche im arthotel und erabeiten neue projekte.

sigi fruhauf 2010
experimentelle fotowerke zum thema salzburg. ausgestellt in der art.bar der blaue gans.

young fimmakers 2009
in kooperation mit der film:riss festivalwoche haben die beiden hoffnungsvollen jungen künstler manfred rainer und jakob breit einen film zum thema "salzburg" gemachen. premiere war im märz 2010 - siehe eat & meet.

jazz & the city 2009
paolo fresu & nygen le: einer der weltweit besten jazz-trompeter trifft auf einen der weltbesten jazz-gitarristen.

traumstadt 2009/2010

S******g from manfred rainer on Vimeo.

maisonette
suite maisonette

double
double

single
single

Sissa Michaeli - Interview


In Ihrer künstlerischen Arbeit nehmen Sie Ihr Leben, Ihre Umgebung, bekannte, vertraute Orte als Ausgangspunkt ...

Begonnen habe ich mit Bildessays 2002/2003. Da verwendete ich ein kleines biographisches Element, das war die Wohnung meiner Großmutter. Es war für mich spannend, zwei Genres zu mischen: Kindheitselemente und Märchenelemente. Darüber hinaus hat mich bei diesen inszenierten Kindheitserfahrungen interessiert, auch die Perspektive eines Kindes einzunehmen, die Kamera deshalb sehr tief zu halten, sie in den Raum gleiten zu lassen. Auch die flämischen Maler führten den Blick des Betrachters durch Tapeten und Vorhänge in das Bild. Mir worde oft gesagt, dass die Bilder sehr voyeuristisch sind. Anfangs ließ ich mich dadurch verunsichern, heute verwende ich es als gezieltes künstlerisches Mittel.

Sie selbst sind meist Protagonistin in Ihren Arbeiten. Ist das Mittel zum Zweck oder hat das auch mit der eigenen Suche nach Identität zu tun?

Mehr Mittel zum Zweck würde ich sagen. Ich arbeite dadurch konzentrierter. Die Herausforderung für mich besteht darin, dass ich mentale Reisen mache. Mich interessieren Träume, das Reisen, das Unbewusste, die Psychologie des Menschen, insofern kommt sicher eine Komponente der Identität auch mit dazu. Man sagt mir oft, dass ich in diesen Bildern ganz anders aussschaue. Mir geht es darum, verschiedene Frauenschicksale und Gefählszustände darzustellen. Schon als Kind wünschte ich mir, in andere Personen hineinschlüpfen zu können und zu erfahren, was sie denken. Ich bin neugierig, darum interessieren mich auch die Geschichten, die Interieurs anderer Leute. Ich wähle Elemente aus verschiedenen Leben aus und setze sie neu zusammen. Für die Betrachter ist es so leichter "ins Bild zu kippen", da ich ja nicht eine spezielle Frau zeige. Ich bin Platzhalterin X für alle jungen Frauen, alle alten Frauen, Täter und Opfer. Natürlich bin ich weiß und mir dessen bewusst, dass ich keine schwarze Frau repräsentieren kann. In meinen neuen Arbeiten bin ich ganz von diesen biographischen Elementen abgekommen, ich habe Frauenschicksale aus den Schlagzeilen der New York Times nachgestellt.

Es sind aber immer Geschichten von Frauen, die Sie darstellen?

Ja, mich interessieren diese Geschichten. Momente, Überlegungen, zum Beispiel bevor etwas passiert oder nachdem etwas passiert ist. Es ist spannend, so einen Moment einzufrieren. Und es sind Momente, die jeder Mensch kennt und die wiederkehren: nachdem man jemanden verloren hat, der Moment, in dem man sich in jemanden verliebt oder der nostalgische Blick aus dem Fenster. Gefühlswelten interessieren mich. Manchmal habe ich die Geschichte schon im Kopf und suche einen Ort dazu, manchmal ist es umgekehrt. Ich beginne Skizzen anzufertigen, ein Storybord zu entwerfen, die Szene zu inszenieren und dann beginnt das Fotografieren. Eine lebendige Umsetzung ist mir dabei sehr wichtig. Die Geschichte kann einmal mehr, einmal weniger vom Storyboard abweichen. Die entstandenen Bilder breite ich dann auf dem Boden meines Ateliers aus, schaue sie immer wieder an, arrangiere sie um, und stelle immer wieder neue Geschichten zusammen.

Haben Sie sich für weibliche Lebenszusammenhänge entschieden einfach aus dem Grund heraus, dass sie einen KünstlerIN sind?

Ja, ich bin eine Künstlerin und kein Künstler. Natürlich interessieren mich auch Lebenswelten von Männern. Mit meiner Person kann ich das eine aber leichter darstellen und auch aus praktischen Gründen ist es leichter, mich als Model zu verwenden. In neuen Arbeiten verwende ich auch andere Models, Laien, keine Schauspielerinnen, aber meistens wirkt das nicht so authentisch und diese Authentizität ist mir sehr wichtig, denn sie ist die Schnittstelle zwischen fact und fiction, also zwischen Realität und Fitkion. In einigen Fotos kommen aber auch Männer vor.

Wie viel Inszenierung, wie viel Dokumentarisches findes ich in den Arbeiten?

Wechselt das? Die Komposition der Innen räume ist meist vorgegeben, ich stelle wenig um, verändere vielleicht ein, zwei Gegenstände. Ich arbeite also in erster Linie mit vorgefundenen Orten. Das Inszenierte ist der Ausschnitt der Realität, den ich wähle. Und dann ist mir wichtig, dass die Handlung im Bild so filmisch, so real wie möglich wirkt. Wobei ich mich bei meinen Bildsequenzen oft für die unperfekten Bilder entscheide. Zum Beispiel für ein Bild, wo ein Objekt am Boden liegt, das die Sicht auf die Figur dahinter versperrt.

Ihre Bilder erzählen keine linearen Geschichten, welche Rolle spielen Brüche in Ihrer Arbeit?

Ich setzte Brüche als Stilmittel ein, um die Geschichten aufzuladen. Es geht mir um das Wechselspiel zwischen Film, Fotografie und kompositorschen Aspekten der Malerei, denn ich finde, dass sein Fotografie genau zwischen Malerei und Film bewegt. Jedes Medium kann etwas, was das anderen Medium nich tkann. Fotogafie kann zum Beispiel manchmal mehr ausfrücken als der Film, weil sie sich auf einen Moment konzentriert. Der Film hingegen vermag es oft, mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Ihre Arbeiten haben auch etwas von "filmstills" an sich …

Das ist ganz bewusst. Die Nähe zur Realität ist mir sehr wichtig. Wenn ich so eine Szene malen würde, wäre es viel schwieriger in das Bild einzusteilen. Aber durch die Fotografie, und auch dadurch wie ich die Bilder präsentiere, ohne Rahmen, manchmal einfach lose liegend inszeniert, bekommen sie wieder etwas Intimes, etwas Heimeliges. Die Betrachtenden können sich dazu ihre eigenen Geschichten erzählen. Ich fange also an, Geschichten zu spinnen, gebe Inputs, und die Betrachter können darin eintauchen und diese Geschichten fertig denken. Es gibt also viele verschiedene Interpretationsmöglichkeiten.

Geht es auch darum, Unausgesprochenes ins Bild zu setzen?

Der Philosoph Maurice Merleau-Ponty schreibt über das Sichtbare und Unsichtbare. Ich habe mich mit seiner Philosophie auseinadergesetzt und mir Gedanken darüber gemacht, wie sich das künstlerisch umsetzen lässt. Ich glaube, dass meine Bilder erst auf den zweiten Blick wirklich etwas aussagen. Wenn man sich ganz auf das Bild ein lässt, gibt es auch etwas zurück. Jedenfalls ist es mein Anliegen, das zu schaffen und dabei gleichzeitig vielschichtig zu sein.

In einer Ihrer früheren Ausstellungen zeigten Sie tagebuchartige Arbeiten, kleine Bücher, Serien, in denen sie in unterschiedliche Rollen geschlüpft sind. Ist diese Form der Selbstreflexion noch Teil Ihrer künstlerischen Praxis?

Ich habe das drei Jahre lang gemacht. Fast jeden Monat habe ich eine Serie fotografiert. Dann aber machte ich den Sprung zu Video und Installation. Meine Arbeit heute empfinde ich als neues Feld, die Fotografie allein reicht da nicht aus, wenn auch der Ausgangspunkt meiner Arbeiten nach wie vor die Fotografie ist. Zu Beginn habe ich alles im Kopf wie ein Foto, daraus entwicheln sich dann aber weitere Schritte.

Sie haben zunächst Anglistik und Romanistik studiert, dann die Schule für künstlerische Photographie besucht und nun vor kurzem die Akademie der Bildenden Künste mit Auszeichnung beendet. Wann haben Sie die Entscheidung getroffen, Künstlerin zu sein?

Eigentlich was das recht spät, ich war 25. Ich hatte zwar immer diese Lust nach Kunst. Meine Eltern meinten, ich sollte besser reisen und mein Geld in etwas anderes investieren, als in die brotlose Kunst. Ich habe mein erstes Studium über Stipendien gemacht, aber bald gemerkt, dass mich das nicht wirklich glücklich macht. Irgendwann bin ich dann auf die Website der Schule für künstlerische Photographie von Friedl Kubelka gekommen. Ich war auf einem Vortrag von ihr und da wusste ich: das ist es, das möchte ich machen. Ich habe die Aufnahmeprüfung gemacht, mit ziemlich schlechten Fotos würde ich heute sagen, aber es hat nach einem Gespräch geklappt und seit diesem Zeitpunkt produziere ich am laufenden Band.

Mich interessiert dieser Wechsel bezw. dieses Ineinandergreifen verschiedener Medien. Ihre Fotoarbeiten erwecken Assoziationen zum Film, gleichzeitig haben sie auch etwas Malerisches an sich, Farbe und Komposition spielen eine große Rolle…

Ich Ich wollte unbedingt in die Fotoklasse von Eva Schlegel, bin aber nicht aufgenommen worden. Franz Graf meinte, ich könne bei ihm in der Malereiklasse studieren. Ich haderte zunächst damit, nicht in der Fotoklasse zu sein, aber mit der Zeit wurde mir klar, dass ich von der Malerei profitieren konnte. als ich noch bei Friedl Kubelka lernete, bin ich oft ins Kunsthistorische Museum gegangen und habe mir alte Gemälde angeschaut und versucht Elemente in meine Arbeit zu integrieren. Ich fand es spannend, damit zu arbeiten, denn diese Gemälde sind symbolisch sehr aufgeladen. Jedes Element im Bild hat eine bestimmt Funktion und ich habe verstanden, dass man auch so konzeptuell arbeiten kann. Ich begriff, dass man sich mit Feferenzen im kunsthistorischen Diskurs positionieren kann. Ich arbeite also stark mit Repoussoiremotiven, mit kompositorischen Elementen, zum Beispiel mit Vorhängen, Tapeten. Auch die Farben spielen eine wichtige Rolle, einmal habe ich ein sozusagen perfektes Eheleben in einem fleischfarbenen Haushalt dargestellt. Ich passe die Farbe der Kledung der Protagonisten an die Farbe des Umfeldes an und integriere dadurch den Menschen in den Raum oder umgekehrt. So entsteht eine Wechselbeziehung zwischen Raum und Person. Und so entstanden zum Beispiel meine blaue, rote oder gelbe Serie. die Farben sind für mich Kompositionselement, der Farbauftrag der Malerei ist bei mir das Licht. Der Unterschiedzur Malerei ist, dass man in der Fotografie Sachen ausblendet, die man nicht auf dem baben möchte, während man in der Malerei in der Zeichung entscheidet, was man auf dem Bildträger zeiten möchte. von der Malereiklasse wechselte ich in die Graphikklasse, weil für mich auch das Zeichnen wichtig war und ich die Techniken des Druckes lernen wollte. Auch heute noch mache ich Siebdrucke und Zeichnungen. Letztendlich wechselte ich in die fotografieklasse von Matthias Hermann. Dort habe ich auch mein Diplom gemacht. Gezeigt habe ich ein Fotoinstallation und ein Video. Diese Arbeit thematisiert das Wechselspiel zwischen Fotografie und Film. Meine Fotografien sind sehr filmisch und mein Video befasst sich mit dem Medium Fotografie.

Sie haben wie gesagt gerde Ihr Diplom gemacht, wie geht es jetzt weiter?

Ich hoffe, dass der Sprung von der Akademie in die Realität kein so großer sein wird. Ich habe ja während dieser Jahre immer als Künstlerin gearbeitet. D ich nicht mehr Studentien bin, kann ich jetzt auch um mehr Unterstützung ansuchen. Wie alle Künstler würde ich natürlich gerne viele Förderung erfahren, ich möchte mir noch viel ansehen, unterschiedliche Herausforderungen annehmen.

Hat sich die Kunstszene in Südtirol verändert in den letzten Jahren?

Ich finde, dass sich hier viel mehr tut, als noch zu der Zeit, als ich weggegangen bin. Es ist jetzt auch für mich attraktiver herzukommen und etwas zu machen, wenn ich eingeladen werde. Jungen Künstlern wird heute mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

Wo würden wie gerne leben und arbeiten?

Wenn ich es mir aussuchen könnte, in Wien, Paris und New York.


Interview: Susanne Barta erschienen in "Alpenrosen" 2008

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